Reisegewerbe
Sinn und Zweck des Reisegewerbes ist es, reisenden Handwerkern zu ermöglichen, gewerblich tätig zu sein.
Der Vorteil ist, dass jeder Reisende alle handwerklichen Tätigkeiten ausüben darf (§ 55 GewO), Grenzen finden sich lediglich in § 56 GewO.
Für die Ausübung des Reisegewerbes benötigen Sie dann eine Reisegewerbekarte, wenn Sie für Privatkunden Arbeiten ausführen wollen. Wenn Sie nur für gewerbliche Kunden als Subunternehmer tätig sein wollen, benötigen Sie keine Reisegewerbekarte; Sie müssen das Reisegewerbe nur anzeigen. Zuständig für die Gewerbeanzeige und die Erteilung der Reisegewerbekarte ist das für Sie zuständige Wirtschafts- und Ordnungsam bzw. Verbraucherschutzamtt.
Die Behörde ist verpflichtet, jede Tätigkeit, die Sie ausüben wollen, einzutragen - die Grenzen sind in § 56 GewO geregelt. Lediglich Ihre persönliche Zuverlässigkeit wird geprüft. Achten Sie allerdings darauf, dass Sie in jedem Fall „Bestellungen aufsuchen“ dürfen.
Der Unterschied zwischen dem (noch) vollhandwerklichen stehenden Gewerbe und dem Reisegewerbe ist nur die Art der Auftragserteilung!
Der Reisegewerbetreibende erhält seine Aufträge durch das Aufsuchen der Kunden. Die Initiative zur Erbringung der Leistung muss demzufolge der Reisegewerbetreibende und nicht der Kunde ergreifen (z.B sog. „Klinken putzen“).
Ich habe für einen Mandanten in Zusammenarbeit mit einem Berufsverband vor dem Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde zum Thema Reisegewerbe gewonnen. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Beschluss (Beschluss vom 27.9.00 - 1 BvR 2176/98) entschieden, dass grundsätzlich jedes handwerkliche Gewerbe (Ausnahmen sind nur die in § 56 GewO aufgeführten Tätigkeiten) auch im Reisegewerbe ausgeübt werden kann.
Auf das Reisegewerbe findet die Handwerksordnung keine Anwendung, weil sie nur für das stehende Gewerbe gilt. Damit dürfen im Reisegewerbe handwerkliche Tätigkeiten ohne Meisterbrief ausgeübt werden! Hiervon gibt es einige Ausnahmen, die gesetzlich geregelt sind:
· Gesundheitshandwerkliche Tätigkeiten, § 56 Abs. 1 Ziff 1d GewO
· Maßanfertigung orthopädischer Schuhe, § 30 d GewO
Bevor Sie sich für die Ausübung des Reisegewerbes entscheiden, sollten Sie sich bei Rechtsanwälten oder anderen objektiven Stellen, wie z.B. Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerk e.V. informieren bzw. rechtlich beraten lassen, da noch viele Fragen offen sind.
Für alle Reisegewerbetreibende
Jeder Reisegewerbetreibende darf Visitenkarten an Kunden verteilen, damit diese sich im Falle von Problemen an den Handwerker wenden können. Es ist kein Verstoß gegen das UWG, sondern dient dem Verbraucherschutz. Dies wurde am 8.5.08 vor dem Landesgericht in Neuruppin entschieden.
BÖTTCHER & Partner Rechtsanwälte
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